Workaholics-Studie: Nur 8,4 Prozent der Freiberufler arbeiten „suchthaft“
Insgesamt 9,8 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten suchthaft, so dass ihr Leben von der Arbeit dominiert wird, so das Bundesinstitut für Berufsbildung. Für die Studie, die im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt wurde, wurden 8000 Freelancer, Unternehmer und Angestellte befragt.
Allerdings sind Freiberufler “nur” zu 8,4 Prozent betroffen und damit deutlich weniger als andere Selbstständige (13,9%). Auch bei abhängig Beschäftigten ist suchthaftes Arbeiten häufiger anzutreffen (Arbeiter 9,1%, Angestellte 9,5%, Beamte 10,6%).
Von suchthaftem Arbeiten Betroffene arbeiten nicht nur sehr lang, schnell und parallel an unterschiedlichen Aufgaben, sie können auch nur mit schlechtem Gewissen freinehmen und fühlen sich oft unfähig, am Feierabend abzuschalten und zu entspannen.
Angestellte Führungskräfte zeigen mit 12,4% überdurchschnittlich oft Symptome suchthaften Arbeitens. Frühmorgens ins Büro und spätabends wieder raus, zu Hause noch einmal die Mails checken, einfach nicht loslassen können: Suchthaftes Arbeiten ist allerdings kein Randphänomen, das nur eine kleine Gruppe von Führungskräften betrifft. Laut der Studie ist exzessives und zwanghaftes Arbeiten in allen Erwerbsgruppen verbreitet.
Wann werden aus engagierten Erwerbstätigen solche, deren Leben von der Arbeit dominiert wird? Dieser Frage haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schon vor Jahrzehnten gewidmet. 1971 prägte der Psychologe Wayne Oates den Begriff Workaholic, um zu beschreiben, dass einige Menschen ein Verhältnis zu ihrer Arbeit haben wie Süchtige zum Alkohol. Heute arbeitet die Forschung mit verschiedenen Kriterienkatalogen.
Suchthafte Arbeit lässt sich anhand von zwei Dimensionen bestimmen. Erstens muss die jeweilige Person exzessiv arbeiten, das heißt: lange arbeiten, schnell arbeiten und verschiedene Aufgaben parallel erledigen. Der zweite Faktor als Voraussetzung für suchthaftes Arbeiten ist die „Getriebenheit“ der Erwerbstätigen: Hart arbeiten, auch wenn es keinen Spaß macht, nur mit schlechtem Gewissen frei nehmen, Unfähigkeit zur Entspannung am Feierabend, also „Entzugserscheinungen“ in der arbeitsfreien Zeit.
Der Untersuchung zufolge arbeiten 9,8 Prozent der Erwerbstätigen suchthaft. Weitere 33 Prozent arbeiten exzessiv, aber nicht zwanghaft. 54,9 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten dagegen „gelassen“.
Laut der Studie zeigt die Verbreitung von suchthaftem Arbeiten kaum Unterschiede bezüglich soziodemografischer Merkmale. So stehen Schulabschluss und Familienstand in keinem Zusammenhang mit der Neigung zu suchthafter Arbeit. Einen kleinen Unterschied gibt es zwischen Frauen und Männern, die zu 10,8 beziehungsweise 9,0 Prozent betroffen sind. Deutlichere Unterschiede bestehen allerdings zwischen Altersgruppen: Bei den 15- bis 24-Jährigen beträgt die Quote 12,6 Prozent, während es bei den 55- bis 64-Jährigen nur 7,9 Prozent sind.
Das Anforderungsniveau hat hingegen kaum Einfluß. Wer eine lange Wochenarbeitszeit hat, neigt nur leicht überdurchschnittlich zur Arbeitssucht.
Bei Selbstständigen, die keine Freelancer sind, liegt die Workaholic-Quote bei 13,9 Prozent, was an der größeren Verantwortung und am finanziellen Risiko liegen könnte. Zwischen suchthaftem Arbeiten und Führungsverantwortung besteht dabei „ein statistisch höchst signifikanter Zusammenhang“. Führungskräfte sind zu 12,4 Prozent arbeitssüchtig, andere Erwerbstätige nur zu 8,7 Prozent. „Unter den Führungskräften ist suchthaftes Arbeiten zudem umso stärker ausgeprägt, je höher die Führungsebene ist.“ Die obere Ebene kommt auf einen Anteil von 16,6 Prozent. In vielen Betriebskulturen werden an Führungskräfte wahrscheinlich Anforderungen gestellt, die „Anreize für arbeitssüchtiges Verhalten“ setzen, vermuten die Wissenschaftler. Beispielsweise, wenn erwartet wird, dass sie als Erste kommen und als Letzte gehen.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 04/2023 veröffentlicht.