Freelance-Market-News 07/2016
Liebe Leser,
die Bundesregierung hat jetzt den zweiten Entwurf zum Werkvertragsgesetz vorgelegt, das vermutlich ohne große Änderungen zum nächsten Jahreswechsel in Kraft treten soll. Freelancer und Unternehmen werden dann noch mehr auf das Thema Scheinselbstständigkeit achten müssen.
Des Weiteren berichten wir, passend zur Urlaubszeit, von der aktuellen Solcom-Studie, der zur Folge Freiberufler zwar länger arbeiten als Angestellte, dabei aber glücklicher sind und eine Übersetzerin stellt ihre Tätigkeit für die Tourismusbranche vor. In unserem Freelancerwitz am Schluss geht es diesmal um drei Freiberufler, die im Sommerurlaub mit dem Auto steckenbleiben.
Ich wünsche Ihnen auch diesmal viel Spaß beim Lesen und natürlich wie immer gute Geschäfte!
Ihr Rainer Kurz
Aktueller Entwurf zum Werkvertragsgesetz liegt vor
Obwohl der zweite Entwurf zum Werkvertragsgesetz jetzt vorliegt bleiben immer noch Rechtsunsicherheiten. Bereits im November 2015 legte Arbeitsministerin Andrea Nahles ihren ersten Entwurf vor. Angetrieben von Beschwerden der Gewerkschaften, dass Arbeitnehmer unter den aktuellen Werk- und Zeitarbeitsverträgen leiden, sollte deren Situation verbessert werden. Heraus kam ein Entwurf, der aus Sicht vieler aus beinahe jedem Selbstständigen einen Scheinselbstständigen machen würde. So bezeichnete der Entwurf beispielsweise jeden Freiberufler, der in den Räumen seines Auftraggebers arbeitet als scheinselbstständig. Wie absurd diese Definition sein kann, zeigen folgende Beispiele: Mit dieser Regelung wären mit einem Schlag Handwerker, die ein Rohr in einem fremden Haus verlegen oder selbstständige Ärzte auf Hausbesuch zu Scheinselbstständigen geworden.
Nach viel Kritik hat sich die Koalition nun auf die Änderungen zum Werkvertragsgesetz geeinigt. Es wird erwartet, dass dieses nun ohne Änderungen verabschiedet wird und zum 1. Januar 2017 in Kraft tritt.
Der neue Entwurf verhindert einerseits das Schlimmste für Selbstständige. So wurde der Negativkatalog zur Scheinselbstständigkeit entfernt, genauso wie die Vermutungsregelung, bei der ein einfacher Verdacht der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ausreichend gewesen wäre, um aus einem Selbstständigen einen Angestellten zu machen.
Andererseits bleibt selbst mit dem neuen Entwurf weiterhin eine große Rechtsunsicherheit. Denn Scheinselbstständigkeit bedeutet im Prinzip, dass Unternehmen Arbeiter einstellen, die die exakt gleiche Arbeit leisten wie Angestellte, das Unternehmen dafür aber keine Renten- und Sozialabgaben zahlt. Die Eindämmung der Scheinselbstständigkeit ist sicherlich wichtig, um Ausbeutung zu verhindern. Der DRV zufolge gilt als scheinselbstständig, wer:
o nur einen Auftraggeber hat
o bestimmte Arbeitszeiten einhalten muss
o dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte zukommen lassen muss
o in den Räumen des Auftraggebers arbeiten muss
o bestimmte Hard- und Software benutzen muss
Auch wenn man mehrere Auftraggeber hat könnten Freiberufler als scheinselbstständig eingestuft werden. Wie sieht es aus mit dem freiberuflichen Fitnesstrainer, der mit seinen Kunden genaue Zeiten abspricht und Stunden im Haus der Kunden gibt? Wie ist es mit IT-Experten, die eine bestimmte Hard- und Software des Auftraggebers nutzen, um diese zu verbessern? All dies kann anscheinend recht willkürlich von der DRV als Scheinselbstständigkeit ausgelegt werden. Die Zahlen zeigen, dass dies auch zunehmend der Fall ist. Während 2006 nur 19% der Selbstständigen als scheinselbstständig eingestuft werden, waren dies 2014 bei den gleichen Kriterien 47%. Hier scheint also ein interner Politikwechsel vorzuliegen, bei dem die gleichen Kategorien anders ausgelegt werden. Diese breite Interpretationsmöglichkeit der Scheinselbstständigkeit verunsichert sowohl Unternehmen wie auch Freiberufler.
Es wird Unternehmen deshalb geraten, jede Beauftragung eines Freelancers beim DRV prüfen zu lassen. Eine solche Prüfung kann aber Monate dauern und am Ende wird dann in fast der Hälfte der Fälle entschieden, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt. Da Unternehmen aber Arbeitsengpässe schnell bearbeiten müssen, ist dies nicht besonders praktikabel. Lieber verzichten sie also eher darauf Freiberufler zu beauftragen. In der Folge gehen somit aufgrund dieser Rechtsunsicherheit Freiberuflern viele wertvolle Aufträge verloren. Insbesondere die IT-Branche ist betroffen. So schreibt der Branchenverband Bitkom auf seiner Website: "Der Mangel an qualifiziertem IT-Personal ist zugleich eine der größten Wachstumsbremsen. Ohne externe IT-Spezialisten könnten viele Digitalisierungsprojekte daher nicht realisiert werden." Das neue Werkvertragsgesetz bekämpft damit nach Meinung vieler Experten weniger die Scheinselbstständigkeit, sondern legt Freiberuflern vielmehr große Hürden in den Weg.
Aktuelle Studie: Freiberufler arbeiten länger als Angestellte, sind dabei aber glücklicher
Freiberufler nehmen längere Arbeitszeiten in Kauf, da ihre Tätigkeit ihnen mehr Selbstbestimmung erlaubt. So lautet das Ergebnis einer Umfrage unter Freiberuflern des Technologiedienstleisters Solcom. Unter dem Arbeitstitel "Freiberufler: Arbeit und Leben im Einklang?" wurden zwischen März und Mai 2016 insgesamt 9.255 Abonnenten des Solcom-Freiberufler-Blogs befragt. Das Resultat: Obwohl Freiberufler mehr Stunden pro Woche arbeiten als Angestellte, ist bei über der Hälfte von ihnen die selbstständige Tätigkeit besser vereinbar mit dem Familienleben als in ihrer Zeit als Arbeitnehmer.
Den Befragten wurden dabei mehrere Fragen zur Arbeitszeit, Zufriedenheit und zur Vereinbarkeit von Freizeit und Berufsleben gestellt.
1. Empfinden Sie die Zeit für Ihr Familien- bzw. Privatleben als ausreichend?
Die Mehrheit der Freiberufler (57%) gibt an, immer oder meistens genug Zeit für das eigene Familien- und Privatleben zu haben. Jeder Fünfte sagt, dass er teilweise die Zeit für die Familie und das Privatleben als ausreichend empfindet. Lediglich 21% sind der Meinung, dass sie nur selten oder nie Zeit für die Familie und die eigene Freizeit haben.
2. Wie viele Stunden arbeiten Sie bei normaler Auslastung pro Woche?
Hier wird deutlich, dass Freiberufler deutlich mehr arbeiten als Angestellte. 28% der befragten Freiberufler gaben an, 40 Stunden oder weniger pro Woche zu arbeiten. Die Mehrheit der Freelancer arbeitet hingegen mehr als 40 Stunden pro Woche, 24% sagten sogar, dass sie mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten. Damit arbeitet die große Mehrheit der Freiberufler mehr Stunden als ein typischer Angestellter. Trotzdem ist festzustellen, dass die Mehrheit trotzdem zufriedener mit der Work-Life-Balance ist als vor der Selbstständigkeit.
3. Empfinden Sie Ihre Tätigkeit als Freiberufler als vereinbar mit Ihrem Familien- bzw. Privatleben im Vergleich zu einer Festanstellung?
Auf diese Frage hatten die Freiberufler die Antwortmöglichkeiten "viel besser", "besser", "kein Unterschied", "schlechter" und "viel schlechter". Etwas mehr als die Hälfte (53%) gibt dabei an, dass die Vereinbarkeit zwischen Beruf- und Privatleben in der freiberuflichen Tätigkeit "viel besser" oder "besser" ist als vorher. 14% der Befragten stellen "keinen Unterschied" fest und ein Drittel (33%) der Freelancer sagt, die Tätigkeit als Freiberufler sei "schlechter" oder "viel schlechter" vereinbar mit Familie und Privatleben als bei Festanstellung. Es überrascht daher nicht, dass es gerade diese Selbstbestimmung und Freiheit bei der Zeiteinteilung ist, die Freiberufler an ihrer Arbeitsform schätzen.
4. War das Thema Vereinbarkeit mit Familien- bzw. Privatleben ein Grund, in die freiberufliche Tätigkeit zu wechseln?
Zwar gibt die Hälfte (51%) an, dass dies für sie kein Grund war in die Freiberuflichkeit zu wechseln. Interessant ist aber, dass 39% genau deshalb ihre feste Anstellung für die Selbstständigkeit aufgegeben haben, während nur 10% für eine bessere Vereinbarkeit von Familie- und Berufsleben in die Festanstellung zurückkehren würden. Selbstbestimmung war auch das Hauptmotiv der Befragten, ihre Rolle als Arbeitnehmer zugunsten der freiberuflichen Tätigkeit aufzugeben.
5. Nach welchen Werten richten Sie Ihr Leben aus? (Mehrfachnennungen möglich)
Die überwältigende Mehrheit der Befragten (76%) gibt an, dass Selbstbestimmung für sie der wichtigste Wert ist, gefolgt von Erfolg und Anerkennung (63%) sowie Spaß und Freude (54%). Auch Gesundheit, Freizeit, sowie Familie und Partnerschaft, sind wichtige Werte, nach denen Freiberufler ihr Leben ausrichten. Freundschaft (34%), Arbeit (33%), Wohlstand und Luxus (23%) sind die Schlusslichter der Wertetabelle für Freiberufler.
6. Wie schwierig ist es, Privatleben mit der Tätigkeit als Freiberufler in Einklang zu bringen? (Mehrfachnennungen möglich)
Nach den Schwierigkeiten ihres Berufslebens befragt, geben die meisten Freiberufler ihre Reisetätigkeit als Hauptproblem an (54%). Auch die hohe Arbeitsbelastung (37%) sowie die finanzielle Unsicherheit (36%) gehören zu den typischen Problemen von Freelancern. Interessant ist auch, dass 25% der Freiberufler unter der ständigen elektronischen Erreichbarkeit per Mail oder Telefon leiden. Nur 12% der Freiberufler geben an, keine Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf zu haben.
Artikel unserer Freelancer - Französisch-Übersetzungen
Eingetragene Dienstleister können sich mit einem kurzen Artikel in den Freelance-Market-News darstellen. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen unsere Anbieterin Nr. 2168 (Kategorie "Sprache-Französisch", 18 Euro/h) aus Lyon vor.
Nach einer 12-jährigen Tätigkeit als Exportberaterin für kleinere und mittlere Firmen meiner Gegend habe ich umfassende technische Grundkenntnisse erworben. Eine lange Erfahrung für eine Übersetzerin und dies in vielen Branchen: Mechanik von der Kunststoff- oder Metallschmelze bis hin zu kompletten Maschinen und Anlagen, Elektrotechnik, Lebensmittelindustrie, Chemie, Medizin und Medizintechnik, Textilien, Datenverarbeitung, Verwaltung, Kommunikation und auch Tourismus, Marketing, Botanik und mehr. Seit 10 Jahren übersetze ich 15 bis 20 Seiten pro Tag. Ich sehe mich als effizient, pragmatisch, kundenwunschgerecht und schnell. Eine Probe wird Sie überzeugen.
Freiberuflerwitz des Monats
Drei Freelancer fahren im Sommerurlaub mit offenen Fenstern im Auto in den Süden. Ein Chemiker, ein Elektriker und ein Support-Mitarbeiter. Plötzlich bleibt das Auto stehen.
Die drei schauen sich an und beraten, was zu tun ist. Der Chemiker, der nicht viel Ahnung von Autos hat, meint: 'Sicher hat sich das Benzin durch einen Zerfallsprozess umgewandelt und verstopft nun die Benzinleitung. Wir sollten es ablassen und Neues tanken.'
Der Elektriker: 'Nein, wahrscheinlich ist es die Elektrik. Wir sollten alle Kabel überprüfen, da ist sicher ein Fehler.'
Der Support-Mitarbeiter: 'Ich finde, wir sollten alle Fenster schließen, aussteigen, wieder einsteigen und die Fenster wieder öffnen. Sicher geht es dann wieder.'
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