Koalition verständigt sich auf Aktivrente ab 1.1.2026 und benachteiligt dabei die Freiberufler
Die Regierung hat sich nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz auf die Einführung der "Aktivrente" geeinigt. Ein Freibetrag von monatlich 2000 Euro soll Menschen künftig auch über den Rentenbeginn hinaus im Job halten. Die Regelung soll laut ntv zunächst nur für Arbeitnehmer, nicht für Selbstständige gelten. Selbstständigen-Verbände kritisieren dies, da die bis zu 6097 Euro an Steuerersparnis pro Jahr nur Angestellten zugutekommen.
Mit einem steuerlichen Freibetrag von 2000 Euro monatlich soll ein Anreiz geschaffen werden, damit Arbeitnehmer über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, sagte Merz beim Maschinenbaugipfel des VDMA in Berlin. So hätte sich die Koalition "darauf verständigt, die sogenannte Aktivrente zum 1. Januar 2026 einzuführen".
Damit soll sowohl eine längere Erwerbsbeteiligung im Alter erreicht werden, wie auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der das Konzept ursprünglich vorgeschlagen hatte, begrüßte die Einigung. "Mit der Aktivrente wollen wir einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten", sagte er Reuters. "Wir wollen Arbeiten im Alter attraktiver machen. [ ] Damit setzen wir in der CDU-geführten Bundesregierung ein zentrales Wahlversprechen um."
Ob es sich bei der “Aktivrente” um eine strategisch wohl ausgewogene Steuerstrategie handelt, mag dahingestellt sein. Nachfolgend haben wir mehrere Indizien, dass es hier eher um einen populistischen Schnellschuss ohne klare Abschätzung der volkswirtschaftlichen Konsequenzen geht:
• Die Aktivrente könnte den Staat deutlich mehr kosten: Beschäftigte sollen das Angebot erst ab dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters nutzen können - und nicht bei einem vorgezogenen Ruhestand. Dies soll einen Missbrauch der Regeln und Steuermindereinnahmen verhindern. Von Regierungsseite werde damit gerechnet, dass jährlich rund 25 000 Fachkräfte das Angebot nutzen. Möglicherweise wird die Zahl der Menschen, die von dieser Steuerersparnis profitieren, aber deutlich höher: Laut dem Statistischen Bundesamt waren 2024 gut 1,1 Millionen Menschen über 67 Jahre noch erwerbstätig. Es wäre erstaunlich, wenn diese ein solches “Steuergeschenk” nicht mitnehmen würden.
• Besonders CDU und SPD-Wähler profitieren: Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung nennt für CDU/CSU-Wähler ein Durchschnittsalter von etwa 52,8 Jahren. Bei der SPD liegt das Durchschnittsalter vermutlich noch höher.
• Gefahr der weiteren Zunahme von Scheinarbeitsverhältnissen: Bereits heute gibt es zahlreiche Konstrukte, bei denen bspw. Selbstständige Nachteile bei der Sozialversicherung durch eine Schein-Anstellung vermeiden.
• Benachteiligung von Rentnern, die nicht in der Lage sind, weiterzuarbeiten. Bspw. wegen gesundheitlicher Einschränkungen, weil der Arbeitsplatz nicht altersgerecht ist oder weil das Arbeitsumfeld nicht mit hohen Belastungen vereinbar ist.
Möglicherweise geht die Bundesregierung ja davon aus, dass Freiberufler und Selbstständige auch so mehr Motivation als Angestellte haben, jenseits der 67 zu arbeiten und daher das Geldgeschenk Aktivrente nicht benötigen.
Der Ausschluss von Selbstständigen oder anderen Gruppen könnte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Vielleicht wird Karlsruhe zu entscheiden haben, ob die Regelung in der Form rechtlich haltbar ist. So sieht sowohl der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages als auch Professor Gregor Kirchhof Probleme beim Gleichheitssatz und der Verhältnismäßigkeit der staatlichen Lenkung.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 10/2025 veröffentlicht.