Freelance-Market-News 04/2024
Liebe Leser,
es ist leider kein Aprilscherz: Die EU hat sich nach jahrelangen zähen Verhandlungen jetzt tatsächlich auf eine europaweite Richtlinie zur Beschränkung der freiberuflichen Plattformarbeit geeinigt. Wir erläutern genau, warum die Bundesregierung dies nicht verhindern konnte und was dies für Freelancer und deren Auftraggeber in Deutschland bedeutet.
Passend dazu erklären wir Ihnen, wann es nach wie vor sinnvoll ist, eine Aufgabe an Freiberufler zu vergeben und wann es besser ist, Mitarbeiter einzustellen.
In einem Gastartikel erklärt Ihnen dann Thomas Geiling, was die Körpersprache so alles verrät und eine auf Speisekartenübersetzungen spezialisierte Freelancerin erläutert, was beim Übersetzen so alles schief gehen kann. In unserem Freelancer-Witz am Schluss wird dann noch von kompetenter Seite gezeigt, wie gutes und schlechtes Marketing funktioniert.
Ich wünsche Ihnen auch diesmal viel Vergnügen beim Lesen und natürlich wie immer gute Geschäfte!
Ihr Rainer Kurz
Scheinselbstständigkeit: Neue EU-Richtlinie zur Plattformarbeit
In der EU arbeiten inzwischen 28 Millionen Menschen für digitale Plattformen. Dabei verteilen die Plattformbetreiber Kleinaufträge (sog. “Mikrojobs”) online an Solo-Selbstständige wie beispielsweise Taxi-, Liefer- und Handwerkerdienste. Die EU-Kommission sieht die Gefahr der Ausbeutung und will schon seit Jahren per EU-Richtlinie menschenwürdige Arbeitsbedingungen für die Plattform-Selbstständigen erreichen.
Der aus den Arbeits- und Sozialministern der EU bestehende Rat 'Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz' der EU (EPSCO) hat am 11. März die Richtlinie zur Plattformarbeit beschlossen. Dazu konnten nach mehrjährigen Verhandlungen auch Griechenland und Estland zur Zustimmung bewegt werden, so dass letztendlich nur noch Frankreich und Deutschland dagegen gestimmt haben.
Allerdings wird die Einigung nur von Teilen der Branche als Erfolg zum Schutz der Plattformbeschäftigten gesehen, da die Regelung sich speziell in Deutschland problematisch auf Solo-Selbstständige und ihre Auftraggeber auswirken kann. So wird befürchtet, dass die jetzt schon große Rechtsunsicherheit beim Selbstständigen-Status noch weiter zunehmen wird. Zugleich dürfte der Nutzen für die typischen Plattformbeschäftigten wie etwa Fahrradkuriere und Uber-Fahrer gering sein, da genau diese in Deutschland ganz überwiegend bereits angestellt sind.
Der Plattformbegriff der Richtlinie sei so weit gefasst, dass er sogar hunderttausende Menschen betreffen dürfte, die sich nicht als Plattformarbeitende sehen. Menschen, die gerne selbstständig sind und dies auch bleiben wollen. Durch den schwammigen Plattformbegriff könnte eine große Zahl von Auftraggebern in Deutschland unter die Richtlinie fallen, sofern Online-Tools zur eng abgestimmten Zusammenarbeit mit den Selbstständigen genutzt werden.
Durch eine Beweislastumkehr müssen Auftraggeber künftig beweisen, dass ihre Auftragnehmer selbstständig sind – ein enormer bürokratischer Aufwand. Die sonst übliche Unschuldsvermutung gilt hier also nicht. Die Kriterien dafür werden zudem nicht mehr europaweit einheitlich in der Richtlinie festgelegt – was eines ihrer Hauptziele war, sondern es gelten die Kriterien der Mitgliedsstaaten. Doch in Deutschland fehlen seit Jahren klare Kriterien für die “Scheinselbstständigkeit”.
“Die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit stellt die Selbstständigkeit gerne und freiwillig Selbstständiger in Deutschland in Frage”, sagt VGSD-Vorstand Andreas Lutz. “Schon jetzt gibt es immer mehr Auftraggeber, die keine Aufträge mehr an Solo-Selbstständige in Deutschland vergeben oder sie gegen ihren Willen in deutlich schlechter bezahlte Leiharbeit drängen, weil diese im Vergleich als rechtssicherer erscheint. Für die in der BAGSV organisierten 35 Berufs- und Selbstständigenverbände ist die schon jetzt unerträgliche Rechtsunsicherheit seit langem das drängendste Problem.”
Ein weiteres Ziel der Richtlinie ist immerhin der Schutz der persönlichen Daten der Plattformarbeitenden. So wird den Plattformen untersagt, bestimmte biometrische Daten oder Informationen über den psychischen Zustand der Plattformarbeitenden automatisiert zu verarbeiten.
Nach der formalen Annahme der Richtlinie durch das Europäische Parlament folgt dann die Umsetzung in nationales Recht durch die Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren.
Frage des Monats: Soll ich besser Freelancer oder Festangestellte engagieren?
Die Wahl zwischen Freelancern und festangestellten Mitarbeitern ist ein Dauerthema bei vielen Firmen. Beide Beschäftigungsformen haben ihre Vor- und Nachteile und die Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei sollten Unternehmen ihre individuellen Anforderungen, den Projektbedarf und die langfristige Strategie berücksichtigen. Beide Beschäftigungsformen haben ihre Berechtigung, abhängig von den spezifischen Zielen. Hier sind einige Überlegungen, die Ihnen bei der Entscheidung helfen können:
• Flexibilität: Wenn Sie kurzfristig spezialisierte Unterstützung benötigen oder projektbezogene Engpässe ausgleichen müssen, ist der Einsatz eines Freelancers sinnvoll. Der Rekrutierungsprozess verläuft schneller und Sie können gezielt auf die benötigte Expertise zugreifen.
• Kosten: Freelancer arbeiten oft auf Stundenbasis, während Festangestellte ein monatliches Gehalt erhalten. Die Kosten für Freelancer können insbesondere bei längerer Projektdauer höher sein. Beim Kostenvergleich sollte aber nicht vergessen werden, dass Festangestellte oft zusätzliche Leistungen erwarten, wie bspw. Weihnachtsgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Abfindungen.
• Qualifikation/Erfahrung: Freelancer verfügen oft über spezialisierte Kenntnisse und Erfahrungen und können die Innovationsgeschwindigkeit erhöhen, da sie frische Perspektiven einbringen. Festangestellte kennen das Unternehmen besser, sind mit den internen Abläufen vertraut und tragen oft besser zum internen Wissensaufbau bei.
• Juristische Risiken: Scheinselbstständigkeit und rechtliche Risiken sind bei Freelancern zu beachten. Allerdings gibt es auch bei Festangestellten immer wieder arbeitsrechtliche Streitigkeiten.
Gastartikel: Was die Körpersprache alles verrät
Von Thomas Geiling
Die Körpersprache kann Gefahren mit sich bringen, wenn sie nicht bewusst und angemessen eingesetzt wird. Um diese Risiken zu minimieren, ist es wichtig, sich bewusst zu sein, welche Signale wir senden und sicherzustellen, dass unsere Körpersprache mit unseren tatsächlichen Absichten und Botschaften übereinstimmt.
Es ist auch wichtig, andere Faktoren wie den Kontext und die Kultur zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass unsere Botschaften klar und respektvoll vermittelt werden. Hier sind einige mögliche Risiken:
Missverständnisse: Die Körpersprache kann in verschiedenen Kulturen unterschiedlich interpretiert werden. Wenn man sich nicht bewusst ist, welche Gesten oder Haltungen in einer bestimmten Kultur als angemessen oder respektvoll empfunden werden, kann es leicht zu Missverständnissen oder Verärgerungen kommen.
Unbewusste Signale: Manchmal senden wir unbewusste Signale aus, die unsere wahre Stimmung oder Absichten offenbaren können, selbst wenn wir versuchen, sie zu verbergen. Wenn wir uns nicht bewusst sind, welche Signale wir senden, kann dies dazu führen, dass unsere Botschaft falsch interpretiert wird oder dass wir als unehrlich oder unaufrichtig wahrgenommen werden.
Manipulation: Körpersprache kann auch als Manipulationswerkzeug verwendet werden, um andere zu täuschen oder zu beeinflussen. Zum Beispiel können Menschen ihre Körpersprache bewusst einsetzen, um Macht oder Autorität auszustrahlen oder um andere dazu zu bringen, ihnen zu vertrauen oder ihnen zu folgen.
Vorurteile: Unbewusste Vorurteile können sich in unserer Körpersprache manifestieren. Zum Beispiel könnten wir unbewusst bestimmte Gesten oder Haltungen gegenüber Menschen aus anderen sozialen Gruppen einnehmen, ohne uns dessen bewusst zu sein. Dies kann dazu führen, dass wir unbewusst Vorurteile oder Diskriminierung fördern.
Artikel unserer Freiberufler: Wie man Speisekarten übersetzt
Eingetragene Dienstleister können sich mit einem Artikel in den Freelance-Market-News kurz vorstellen. In dieser Ausgabe präsentieren wir Ihnen die Übersetzerin 8450 aus der Region Genf, die sich auf Speisekarten, Festmenüs und Hotelprospekte in Deutsch, Englisch und Französisch spezialisiert hat.
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Vor ein paar Jahren besuchte ich ein renommiertes Restaurant in Südfrankreich. Auf der aufwändig gestalteten dreisprachigen Speisekarte fand ich unter “Fleischspeisen” auf Französisch “coeur de rumpsteak” und auf Deutsch “feines, zartes Rumpsteak”. Die englische Übersetzung war allerdings “heart of beef”, also Rinderherz. Auf meine Frage, ob englisch sprechende Kunden dies oft bestellen, sagte der Inhaber: „Nein, nie! Ich verstehe das überhaupt nicht!“.
Solche peinlichen Beispiele gibt es noch und noch! Durch meine drei Muttersprachen habe ich die Begabung, solche Fehler sofort zu bemerken. Ich wurde in Bern geboren und lebe seit langem in frankophonen Gebieten. Auch war ich ein paar Jahre in den USA und habe mich auch dort sehr für Gastronomie interessiert. Als leidenschaftliche Köchin informiere ich mich ständig über alle aktuellen Gastronomieentwicklungen.
Während meiner Zeit als Direktionsassistentin und Übersetzerin juristischer Texte habe ich gelernt, sinngemäß und nicht immer wortgemäß zu übersetzen, was kein Wörterbuch und keine elektronische Übersetzung fertigbringt.
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Freelance-Market-Witz des Monats: Wie gutes und schlechtes Marketing funktioniert
Ein Hamster und eine Ratte liegen entspannt am Swimmingpool und sonnen sich. Plötzlich fragt die Ratte den Hamster: „Mein Freund, ich kann einfach nicht verstehen, warum die Menschen mich alle hassen und mich am liebsten totschlagen wollen, während dich jeder haben will und sogar Geld dafür bezahlt? Warum darfst du frei in der geheizten Wohnung flanieren und ich muss mich im feuchten Keller verstecken?“.
Der Hamster: „Mein lieber Freund, im Marketing nennt man so etwas Branding!“
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