Entwarnung für Webseitenbetreiber: Fingierte Abmahnungen wegen Google-Fonts unzulässig
Ausgangspunkt war ein Gerichtsurteil im Januar 2022 in München, bei dem ein Kläger Recht bekam. Er behauptete, dass durch die Verwendung von Google Fonts auf einer besuchten Website seine Rechte verletzt wurden. Beim Aufrufen der Website wurde die IP-Adresse des Nutzers an Google in den USA übermittelt, was gegen die Datenschutzgrundverordnung verstößt. Das Gericht entschied tatsächlich, dass dies eine Verletzung der Rechte des Klägers darstellt. Die Website-Betreiberin musste dem Kläger 100 Euro Schadensersatz zahlen und wurde dazu verurteilt, dies in Zukunft zu unterlassen. Bei Zuwiderhandlung drohte ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro.
Nach diesem Urteil gab es plötzlich viele ähnliche Schadensersatzforderungen gegen Unternehmen und Selbstständige, die Google Fonts verwendet haben, die nicht unmittelbar auf dem eigenen Webserver eingebunden waren. Auch einige unserer Freelancer waren betroffen oder machten sich Sorgen.
Bei genauer Betrachtung hat das Gericht zwar entschieden, dass das Einbinden von Google Fonts nicht ordnungsgemäß ist, wenn diese vom Google-Server nachgeladen werden, aber in diesem Zusammenhang auch das willkürliche Abmahnen für unwirksam erklärt. Ähnlich wie beim seit Jahren grassierenden Missbrauch von Abmahnungen versuchten hier Personen, ohne wirklich selbst betroffen zu sein, Profit aus der Situation zu ziehen.
So wurde das Web systematisch nach nachladenden Google-Fonts durchsucht und ein Strohmann, der jeweils mit einer zwielichtigen Rechtsanwaltskanzlei unter einer Decke steckte, hat dann gezielt diese Seiten besucht und diesen Besuch durch Screenshots dokumentiert. Danach hat diese Person über “ihren” Anwalt behauptet, ihre Persönlichkeitsrechte seien wegen der Weiterleitung auf einen Google-Server verletzt worden. Insgesamt wurden von einigen wenigen Abmahnern insgesamt weit über 100 000 Webseitenbetreiber kontaktiert und zur Zahlung aufgefordert.
Diese unsägliche Praxis hat jetzt die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen, die jetzt aktiv gegen die Abmahnkanzleien und ihre Strohmänner vorgeht. So hat die Polizei inzwischen die Räume einer Rechtsanwaltskanzlei und möglicherweise auch die der beteiligten Strohmänner durchsucht, da der Verdacht besteht, dass juristische Mittel missbraucht wurden.
Falls Sie Anregungen haben oder unseren Newsletter abonnieren möchten, können Sie uns hier gerne eine Nachricht hinterlassen:
Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 06/2023 veröffentlicht.