Rückforderung von Corona-Soforthilfen in NRW war rechtswidrig
Wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az. 4 A 1986/22) mitteilt, sind die erfolgten (Teil-)Rückforderungen von Corona-Soforthilfen rechtswidrig. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte die Rückforderung auf der Basis eines Online-Fragebogens erlassen, der nicht eindeutig die finanzielle Notlage der Freelancer und Unternehmer erfasste.
Wenn Zuwendungsempfänger die Corona-Soforthilfen im dreimonatigen Bewilligungszeitraum im Frühjahr 2020 nicht oder nur teilweise zu diesem Zweck benötigt haben, darf das Land allerdings neue Bescheide erlassen und überzahlte Mittel zurückfordern. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts bestätigte damit drei Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf.
Die Kläger sind Selbstständige, darunter ein freiberuflicher Steuerberater, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen waren. Sie stellten im ersten Lockdown 2020 beim Land NRW einen Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe. Mit Bewilligungsbescheiden vom jeweils gleichen Tag wurden ihnen Soforthilfen in Höhe von jeweils 9000 Euro als einmalige Pauschale bewilligt und wenig später ausgezahlt. Nachdem die Kläger Einnahmen und Ausgaben rückgemeldet hatten, ergingen automatisiert Schlussbescheide. Darin wurde ein errechneter „Liquiditätsengpass“ festgestellt und die Differenz zum ausgezahlten Pauschalbetrag zurückgefordert. Diese Schlussbescheide hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf jetzt aufgehoben. Hier die Begründung des Vorsitzenden des 4. Senats in Juristendeutsch:
Die Schlussbescheide sind rechtswidrig und aufzuheben, weil das Land die Vorgaben der Bewilligungsbescheide nicht beachtet hat, die für die endgültige Festsetzung bindend sind. Danach diente die Soforthilfe ausschließlich zur Milderung pandemiebedingter finanzieller Notlagen, insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Das später vom Land geforderte Rückmeldeverfahren findet in den Bewilligungsbescheiden keine Grundlage. Die darin von den Zuwendungsempfängern verlangten Angaben waren ungeeignet, um die letztlich jeweils zu belassende Fördersumme unter Berücksichtigung der bindenden Festsetzungen der Bewilligungsbescheide zu bestimmen. In welchem Umfang Fördermittel während des Bewilligungszeitraums tatsächlich im Rahmen der Zweckbindung der Förderung verwendet worden sind, konnte dort nicht angegeben werden. Denn darauf kam es nach dem Rechtsstandpunkt des Landes, das insoweit den Vorgaben des Bundes folgte, nicht an. Zudem sind die Schlussbescheide rechtswidrig, weil sie ohne eine hierfür erforderliche Rechtsgrundlage vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden sind.
Das Land kann allerdings die zustehende Soforthilfe in Form neuer Schlussbescheide neu festsetzen und damit die überzahlten Beträge zurückfordern.
Da der Senat keine Revision zugelassen hat, ist eine Beschwerde durch das Land nur noch beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig möglich. Das wird allerdings nicht erwartet, auch wenn eine Entscheidung hierzu noch aussteht. Aktuell ist unklar, ob dieses Urteil auch richtungsweisend für die Rückzahlungsbescheide in anderen Bundesländern ist.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 04/2023 veröffentlicht.