Drittes Entlastungspaket vergisst Selbstständige und Freiberufler
Im Handelsblatt ist ein Gastkommentar von Catharina Bruns zu finden, demzufolge die Bundesregierung beim dritten Entlastungspaket Selbstständige und Freiberufler vergessen hätte. Nachfolgend hier auszugsweise die Kernaussagen der Unternehmerin und Business-Autorin Catharina Bruns:
Rund ein Jahr nach der Bundestagswahl offenbart die aktuelle Krise, dass Selbstständige auch von der Regierung aus SPD, Grünen und FDP nicht viel zu erwarten haben.
Wenn die arbeitende Bevölkerung entlastet werden soll, ist stets die Rede vom Arbeitnehmer, einzig die FDP bringt hier und da das Wort Erwerbstätige unter. Die Ampel spricht gern von der hart arbeitenden Mitte, aber in der politischen Kommunikation kommen Selbstständige nicht vor.
Auch wenn die kleine Energiepauschale, etwas mehr Kindergeld und die Abschaffung der kalten Progression dem selbstständigen Bürger ebenfalls zugutekommen, wird das dem inhabergeführten Mittelstand nicht helfen.
Selbstständige, die in der Corona-Zeit fast ruiniert wurden, kämpfen noch immer mit der Schlussabrechnung der Hilfen.
Wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Pressekonferenz am 4. September sagte, würden die Entlastungspakete der Regierung niemanden vergessen. Eine bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfreie Inflationsprämie, um die hohen Energiekosten abzudämpfen und eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern. Doch auf selbstständige Einkünfte gibt es keine 3000 Euro steuerfrei. In der Ampel kommt niemand darauf, Selbstständige gleich zu behandeln.
Ein ambitioniertes Zukunftskonzept gibt es nicht. Auch die für Selbstständige relevanten Punkte im Koalitionsvertrag wurden bisher nicht angefasst: Die Bemessung der gesetzlichen Krankenkassenbeiträge ist immer noch nicht gerecht, keinerlei Fortschritte beim drängenden Thema Scheinselbstständigkeit und keine neuen Angebote, um die angekündigte Altersvorsorgepflicht fair zu gestalten.
Zahlungen über die Finanzämter abzuwickeln wäre schon in der Coronakrise der beste Weg gewesen, um Selbstständige zu unterstützen. Der damalige Finanzminister Scholz winkte ab. Sein Nachfolger Christian Lindner (FDP) bestätigte nun: IBAN und Steuernummer zusammenzubringen überfordert unsere Verwaltung. Peinlich! Für Selbstständige gar unglaubwürdig, denn der Vorgang von Vorauszahlung und Erstattung ist bei ihnen praktisch steuerliche Normalität. Jeder mit unternehmerischer Erfahrung weiß: Bei uns geht’s!
Der deutsche Mittelstand besteht zu über 99 Prozent aus kleinen und mittleren Unternehmen. Die meisten davon sind Soloselbstständige und Betriebe mit bis zu neun Beschäftigten. Deutschland kann es sich nicht leisten, sie durch Missachtung zu verlieren. Wenn es teurer wird, seinen Laden aufzusperren, als ihn geschlossen zu lassen, dann kippt etwas gewaltig im bisherigen Gleichgewicht des Wirtschaftsstandorts, in dem der Mittelstand als Rückgrat gilt.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 10/2022 veröffentlicht.