Unternehmen unterschätzen Wirtschaftskriminalität
Deutsche Unternehmen haben laut Global-Agenda.org bei der Kriminalitätsbekämpfung einiges nachzuholen. Zwischen Frühjahr 2005 und 2007 sind laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers knapp die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen Opfer von Wirtschaftskriminalität gewesen. Dabei werden Delikte bisher nicht durch systematische Kontrollen aufgedeckt, sondern eher nach dem Zufallsprinzip. Ob Unterschlagung, Korruption oder Produktpiraterie: Der Gesamtschaden beläuft sich allein in Deutschland auf jährlich 6 Mrd. Euro. Dennoch hält rund die Hälfte der deutschen Unternehmen verstärkte Kontrollen auch in Zukunft für unnötig. Wird das Problem Wirtschaftskriminalität hierzulande unterschätzt?
Seit zwei Jahren steigen vor allem die Fälle von Produktpiraterie und Industriespionage. Besonders große Unternehmen sind betroffen:
In 61% der Firmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern wurden kriminelle Handlungen aufgedeckt, bei einer Belegschaft von unter 200 waren nur 44% der Firmen betroffen. Auch verzeichneten die großen Unternehmen mit durchschnittlich 6,7 Mio. Euro deutlich höhere Schadenssummen. Der internationale Vergleich zeigt, dass deutsche Unternehmen das Risiko unterschätzen: Bei geplanten Auslandsinvestitionen beschäftigen sich nur 31% der deutschen Unternehmen mit der Gefahr von Wirtschaftskriminalität in den betreffenden Ländern, in anderen Staaten sind es 48%. Bei deutschen Unternehmen in China hat dies zu durchschnittlichen Schäden in Höhe von 3,66 Mio. Euro geführt (bei nichtdeutschen Investoren waren es nur 1,33 Mio. Euro). Auch sind nur 35% der deutschen Unternehmen gegen Schäden durch Wirtschaftskriminalität versichert, in Nordamerika sind es 70%.
Die Hälfte der Straftaten wird von den eigenen Mitarbeitern verursacht, der Rest von Kunden, Lieferanten oder Geschäftspartnern. Nur selten begehen unternehmensfremde Personen Wirtschaftsdelikte. Die Straftäter sind in der Regel männlich, zwischen 30 und 50 Jahren und seit mindestens sechs Jahren im betroffenen Unternehmen angestellt. Etwa 25% kommen aus der mittleren Führungsebene, ca. 20% aus dem gehobenen Management. Die Beteiligung von Führungskräften an wirtschaftskriminellen Taten ist für die Unternehmen besonders gefährlich. Wird beispielsweise bekannt, dass Topmanager beteiligt waren, können durch abstürzende Aktienkurse indirekt zusätzliche Kosten verursacht werden. Und gerade Führungskräfte haben bessere Chancen, ungeschoren davonzukommen: Bei Korruption etwa wird nur in jedem zweiten Fall die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. 23% der deutschen Unternehmen verzichten in jedem fünften Fall auf Anzeigen gegen Täter aus der oberen Führungsebene.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market Newsletter 12/2007 veröffentlicht.