Koalitionsverhandlungen: Ändert sich die Altersversorgung für Selbstständige?
Am 26. September waren die Wahlen zum Deutschen Bundestag. Noch ist unklar, welche Parteien miteinander die neue Bundesregierung stellen werden. Das kann aber gerade im Bereich der Altersversorgung für Selbstständige zu einschneidenden Veränderungen führen. Wie will die neue Bundesregierung verhindern, dass die große Mehrzahl der Selbstständigen, die vorgesorgt haben und dafür oft laufende Verpflichtungen (z. B. Rentenversicherungen, Immobilienfinanzierungen) eingingen, doppelt belastet werden bzw. mit enormer Bürokratie und Rechtsunsicherheit konfrontiert werden?
Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. hat die Parteien, aus denen sich die neue Bundesregierung zusammensetzen wird, zum Thema Altersversorgung für Selbstständige befragt. Damit können Sie jetzt schon eine Tendenz sehen, was die neue Bundesregierung zukünftig für die Altersversorgung Selbstständiger und Freiberufler plant. Hier die Antworten:
SPD: Ehemals Selbstständige sind im Alter überproportional bedürftig. Deswegen wollen wir den sozialen Schutz von Selbstständigen, die bisher in keinem Alterssicherungssystem abgesichert sind, verbessern. Dazu bringen wir für sie eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorge in der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Weg. Perspektivisch wollen wir eine Erwerbstätigenversicherung. Diese wird nicht von einem Tag auf den anderen eingeführt. Es wird auch nicht zielführend sein, die Personen, die anderweitig auf dem Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert sind und kurz vor der Rente stehen, in das neue System vollständig einzubinden. Die Übergangszeiten werden doppelte Belastungen verhindern und Rechtssicherheit herstellen.
CDU/CSU: Um den sozialen Schutz von Selbstständigen zu verbessern, wollen wir eine Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einführen, die nicht bereits anderweitig abgesichert sind. Selbstständige sollen zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen insolvenzsicheren und zugriffsgeschützten Vorsorgearten wählen können. Wir werden Lösungen entwickeln, die auf bereits heute selbstständig Tätige Rücksicht nehmen und Selbstständige in der Existenzgründungsphase nicht überfordern. An den berufsständischen Versorgungswerken halten wir fest.
Bündnis 90/Die Grünen: Zunächst mal ist eine Altersvorsorgepflicht für alle nicht anderweitig obligatorisch abgesicherten Selbstständigen sinnvoll, um das Altersarmutsrisiko der Betroffenen und das Risiko für die Gesellschaft, Selbstständige im Alter durch steuerfinanzierte Sozialleistungen versorgen zu müssen, zu verringern. Klar ist aber auch: Langjährige Selbstständige, die bereits durch eigenes Vermögen oder privat vorgesorgt haben, müssen dies auch weiterhin tun können. Sie genießen Vertrauensschutz. Daher soll bei der Einführung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersgrenze mit großzügiger Stichtagsregelung gelten, damit noch ein ausreichender Aufbau von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung möglich ist.
FDP: Wir Freie Demokraten wollen maximale Wahlfreiheit für Selbstständige bei der Altersvorsorge. Auch die Form der Vorsorge soll frei wählbar sein. Der Zugang zur gesamten geförderten privaten Altersvorsorge muss dabei künftig für alle Erwerbstätigen offen sein. So verhindern wir auch, dass Personen mit Zickzack-Lebensläufen beim Wechsel in die Selbstständigkeit ihre Direktversicherung oder ihre Riester-Förderung verlieren. Für die Gründungsphase wollen wir Karenzfristen. Dabei halten wir eine Pflicht zur Altersvorsorge wie bei der Krankenversicherung für angemessen. Die Wahlfreiheit soll für alle Selbstständigen ohne obligatorisches Alterssicherungssystem sowie für Selbstständige gelten, die bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.
DIE LINKE: DIE LINKE spricht sich für den Umbau der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zu einer Erwerbstätigenversicherung aus. Erwerbstätigenversicherung bedeutet, dass alle Erwerbstätigen (also z. B. Beamt:innen, Selbstständige und Politiker:innen) in die GRV einbezogen werden und entsprechend für alle Erwerbseinkommen Beiträge an die GRV abgeführt werden. Analog wären dann im Ruhestand natürlich auch alle demselben Leistungsrecht unterworfen. Dieses Reformvorhaben ist allerdings ein langwieriger Prozess, der nicht mit einem einzelnen Gesetz abgeschlossen werden kann. Die Erwerbstätigenversicherung muss vielmehr über einen längeren Zeitraum realisiert werden, in dem für die neu mit einzubeziehenden Gruppen Übergänge gesichert werden und erworbene Anwartschaften geschützt bleiben (Vertrauensschutz). Doppelte Belastungen und Rechtsunsicherheiten können so vermieden werden.
Anmerkung: Die AfD hat trotz mehrerer Erinnerungen keine Antwort gegeben.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 10/2021 veröffentlicht.