Gastartikel von Unternehmensberater Johannes Maib: Gedanken zu 2016
Wenn wir uns ein gutes neues Jahr wünschen schwingt auch immer ein bisschen die Furcht mit, es könnte auch weniger gut kommen. Wird der DAX seine hohe Bewertung halten und sogar noch steigern können? Wird der Terror des IS im Nahen Osten wie im Rest der Welt bald ein Ende haben? Werden weitere Millionen unglücklicher Menschen ihre Heimat verlassen, um bei uns ein besseres Leben zu suchen?
Vorhersagen sind dabei eigentlich gar nicht so schwierig. Alle Voraussetzungen für die Entwicklung im neuen Jahr sind heute schon gegeben. Es ist wie beim Wetter: Wenn wir einfach nur vorhersagen, das Wetter würde morgen so werden wie es heute auch war, dann haben wir eine fast 60%ige Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich so kommt. Größer ist die Trefferquote der Börsengurus auch nicht.
Auf einige Dinge ist auch im neuen Jahr Verlass: Die EZB und ihr Präsident Mario Draghi werden weiterhin die Sparer und Lebensversicherten durch die Niedrigzinspolitik bestehlen und gleichzeitig durch das Drucken von Euromilliarden ihnen das erarbeitete Geld entwerten. Damit wird die verantwortungslose Schuldenpolitik der Staatshaushalte finanziert und die irgendwann fällige Rückzahlung der nächsten Generation aufgebürdet. Und sonst? Die meisten von uns werden weiterhin jeden Morgen aufstehen und dafür sorgen, dass wir gut zu essen haben, vernünftig wohnen können, die Kinder auf gute Schulen schicken und im Alter keine Not leiden müssen.
Nichts von alldem ist selbstverständlich! Warren Buffett erzählte diese Geschichte: "Stellen wir uns vor, 24 Stunden vor unserer Geburt erscheint uns eine Fee und zeigt uns eine große Lostrommel mit 7 Milliarden Losen, für jeden Menschen eines. Du kannst intelligent oder weniger intelligent geboren werden, als Schwarzer oder Weißer, als Junge oder Mädchen, in den USA oder in Bangladesch, und du weißt nicht, welches Los du ziehst. Wie würdest du dir wünschen, dass die Welt aussieht? Würdest du dir wünschen, dass Frauen von Männern herumgeschubst werden? Für die politische Welt würdest du nicht ein System wünschen, das macht was das Volk will? Wirtschaftlich würdest du mehr und mehr Produktion wünschen, um mehr Wohlstand verteilen zu können. Du würdest Anreize für die Leistungsfähigen wünschen und nicht Gleichheit der Ergebnisse, aber du würdest wünschen, dass die mit dem schlechteren Los immer noch ein würdiges Leben führen können. Ich nenne dies die "Ovarian Lottery"."
Das klingt nach Bescheidenheit, fast möchte man sagen, nach Demut. Aber das ist es nicht, denn viele nicht weniger begabte Amerikaner haben es unter denselben glücklichen Umständen nicht zum Multimilliardär gebracht. Dieses unverdiente Glückslos bringt vor allem die Verantwortung mit sich, etwas daraus zu machen. Das bedeutet nicht, das Glückslos wegzuschenken, sondern den Wert dieses Loses zu schätzen. Wir profitieren von Lebensbedingungen, die über Generationen hart erkämpft wurden. Die Bedingungen unter denen wir leben sind Vorbild und Wunschziel vieler Menschen auf der Welt. Die meisten Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, suchen die Chance, ihr Leben aus eigener Kraft zu verbessern und nicht Almosen. Es ist unsere Verantwortung, diese Chancen zu erhalten und Bedingungen zu ermöglichen, unter denen die Menschen zu Wohlstand kommen können. Almosen haben an der Armut auf der Welt nichts verändert, im Gegenteil, sie stabilisieren die Bedingungen unter denen die Armut entsteht. Der Unterschied ist unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die sich offenbar nicht so einfach exportieren lässt. Und man kann nur hoffen, dass möglichst viele der Flüchtlinge zu entsprechenden Veränderungen beitragen wenn sie mit diesen Erfahrungen in ihre Heimat zurückkehren.
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Dieser Artikel wurde in den Freelance-Market-News 01/2016 veröffentlicht.